V-Leute
Bevor ich in meiner eigenen Geschichte den
V-Mann-Aspekt beschreibe, muss ich zunächst die Funktion von V-Leuten in der
Drogen-Szene schildern. Es ist wohlgemerkt
dabei in keinem Fall von sog. verdeckten Ermittlern, also Angehö-
rigen der
Polizei, die Rede!
Der Einsatz neuer Ermittlungsmethoden wie man sie z.B.
aus Amerika kennt, läuft weitgehend an den deutschen Staatsanwaltschaften vorbei. Selbst ausgereifte Verfahren -
dazu gehören auch die Datenvernetzung und der genetische Fingerabdruck -
bleiben oft ungenutzt, wenn sie nicht in das Beschuldigungskonzept der
Staatsanwaltschaft passen. Statt dessen setzen Staatsanwälte oft auf
Informationen, die sie durch die Dienste hoch bezahlter V-Leute erlangen. Ein
V-Mann („Vertrauensmann“ kann natürlich auch eine Frau sein) wird in das
“Zielobjekt“ (z.B. Drogen-Szene, Neonazi-Szene, Russen-Mafia usw.) eingeschleust
oder sucht den Einstieg auf eigene Faust, wenn er nicht ohnehin schon der Szene
angehört. Der Personenkreis, aus dem V-Leute eingesetzt
werden, ist nicht eingeschränkt. Es gibt also keinerlei Verbote, wie etwa
gefährliche Straftäter oder Häftlinge, die bereits eine lebenslange Verbrecherkarriere hinter sich haben, als
V-Leute anzuwerben.
Ich habe mit den Jahren meiner Haft selbst erlebt wie
in der JVA-Bayreuth schwerst Drogenabhängige und sogar Pädophile zur
V-Mann-Tätigkeit bestellt wurden. Die Kripo versucht, den Angeworbenen mit
Hafterleichterungen oder sogar mit nicht unerheblichen Straferlässen, aber auch
mit dem Ausstieg aus der Kriminalität zu ködern. Allerdings kann ein Einstieg
in das V-Mann-Geschäft wohl kaum ein Ausstieg aus der Kriminalität sein.
Ausländische Strafgefangene z.B. – insbesondere Ausländer, die durch die Ehe mit einer deutschen Frau
emotionalan Deutschland gebunden sind - versucht man zu
V-Mann-Gechäften und Falschaussagen vor Gericht zu
erpressen, indem man sie mit der
Abschiebung bedroht. Gerade junge Ausländer, die in Deutschland geboren und
aufgewachsen sind, lassen sich auf diese Weise besonders leicht zum V-Mann
pressen. Viele V-Leute sind auch ganz einfach nur abenteuerlustige Neuzeit-Freibeuter, die aus Freude am Risiko mitmachen.
Nicht zuletzt ist auch der finanzielle Anreiz ein bedeutender Aspekt, an schmutzigen Geschäften „im Namen der Staatsanwaltschaft“ teilzunehmen oder sie sogar selbst
anzutreiben. Sogar innerhalb der Gefängnisse werden bezahlte Spitzel losgeschickt, die dann auf Bestellung direkt vom
Angeschuldigten erwünschte Informationen auskundschaften (z.B. schon im Fall
Vera Brüne). Ich kann auf Belege verweisen wonach in jüngerer Zeit solche
Dienste mit 100.000 DM honoriert wurden.
In der Praxis hat so ein
V-Mann-Häftling für eine derartig gute Bezahlung auch entsprechende Gegenleistung zu erbringen und
so handelt es sich bei den so erbrachten Informationen eigentlich nur noch um
die konstruierte Aussage eines dafür bezahlten Strafgefangenen, die der
Staatsanwalt mit der V-Mann-Vergütung erkauft. Vor Gericht wird der Wahrheitsgehalt
dieser Aussage kaum noch angezweifelt, da ein Angeklagter gegen
den dieses Gespinst angewendet wird, grundsätzlich unglaubwürdig ist.
Straftäter als V-Männer
Die bürgerliche Öffentlichkeit kann es nicht mit ihrem
Wunschklischee vom ja ach so bösen Straftäter vereinbaren,
dass viele Häftlinge eigentlich nur aus naiver Leichtgläubigkeit oder Leichtsinn zu Opfern von geldgierigen V-Leuten, bzw.
Lockspitzeln wurden. Dabei musste sogar schon der Bundesgerichtshof in etlichen
Fällen in diese Machenschaften einschreiten. So erklärt der BGH in seinem
Urteil vom 18.11.1999 - 1 Str 221/99 zu
§ 110a StPO (verdeckte Ermittler - Vertrauenspersonen der Polizei - Lockspitzel):
„ ... Die
von der Polizei eingesetzten Vertrauenspersonen (Lockspitzel), oftmals
rekrutiert aus kriminellem Milieu, arbeiten für die Staatsorgane für ,“üppige
Honorare“, bezogen auf die bei der Tat sichergestellte Menge von Btm (also
Drogen). Es ist daher schlüssig, dass V-Personen, geleitet vom Gedanken des
eigenen Vorteils (Selbstbereicherung),
rücksichtslos dabei vorgehen, dass sie zum Teil bislang unbescholtene Bürger
zu einer Straftat veranlassen bzw. nötigen.“
Korrigieren wir doch also endlich einmal unser
klischeeverhaftetes Bild das wir von V-Leuten haben! Es handelt sich keineswegs um top ausgebildete Elitebeamte, die aus lauter
Rechtsidealismus auf ein braves Familiendasein verzichten
und in den Unter-
grund gehen um unter Einsatz ihres Lebens gegen
das Böse anzukämpfen. Ganz im Gegenteil! Wir haben es viel mehr mit
skrupellosen Straftätern aller übelster Sorte zu tun
mit denen noch nicht einmal die kriminelle Szene zu tun
haben will, weil man sich nicht mit solchem Rattenpack einlässt. Solche
Straftatanstifter haben deshalb auch die Rache der Unterwelt zu fürchten. Sie
informieren ihre Auftraggeber nicht nur, sondern werden angeheuert, um jemanden in eine Falle zu
locken oder gar zu einer Straftat zu animieren, damit man Erfolge melden kann.
Ein Tatvorwurf fällt nicht schwer bei der präventiven Ausrichtung des BtMG. Besonders
Rauschgiftdezernate/-Kommissionen arbeiten mit V-Leuten und Lockspitzeln.
Es kann sich bei solchen Leuten nicht um harmlose
Kleinkriminelle handeln, denn die Kosten und der Aufwand, den V-Mann-Geschäfte
beanspruchen, würden sich wohl kaum rechtfertigen lassen, wenn man damit nur
ein paar kleinkriminelle Fixer hochnehmen würde.
Die Aufgabe
Aus Ermittlungsakten die mir von Mithäftlingen zur
Verfügung gestellt wurden geht hervor, dass man V-Männer zumeist ganz gezielt
im organisierten Verbrechen ansetzt. Dazu braucht man natürlich erfahrene
Leute, die sich in der Oberliga des Milieus bewegen. In dieser Etage kann auch
die Öffentlichkeit den Einsatz von V-Leuten befürworten. Schließlich wird auch
in einem Gutachten, das die „Große Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes“ zur empfohlenen Regelung des
Einsatzes von V-Leuten im Auftrag des Bundesjustizministeriums
erstellt hat, folgende Definition zur Tätigkeit eines
V-Mannes
vorgeschlagen: “V-Person ist eine Person, die, ohne einer
Strafverfolgungsbehörde anzugehören, unter Führung der
Strafverfolgungsbehörde bereit ist, diese bei der Aufklärung
von Straftaten in der Regel auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen!“
Die Glaubwürdigkeit
Es versteht sich von selbst dass ein V-Mann
zur Aufrechterhaltung seiner
Glaubwürdigkeit gegenüber überwachten Personen mit den Wölfen zu heulen hat.
Dies natürlich in zunehmenden Ausmaß im Vergleich mit der Bedeutung des
„Zielobjektes“. Vorausgesetzt, der V-Mann agiert tatsächlich da, wo sich sein
Einsatz rechtfertigt, also auf der gehobenen
Ebene des Verbrechens, dann trägt es seiner Glaubwürdigkeit wohl kaum bei
wenn er sich selbst nur wie ein kleiner Fisch gibt. Nur so lässt sich erklären
warum z.B. im NPD-Verbots-
verfahren z.B. Wolfgang Frenz, ein langjähriger V-Mann
des Verfassungs-
schutzes, sogar bis zum NPD-Funktionär aufgestiegen ist
(für diese Leute schrieben ja sogar Ministerialbeamte Reden, die als Beweis für die Verfassungswidrigkeit dienen sollten).
Sehr viel tiefgreifender wirkt sich das Mitheulen eines V-Mannes in
der Drogenszene aus, da gerade in den oberen Rängen des
Milieus Drogengeschäfte, Waffenhandel,
Menschenhandel und Prosti-tution sowie
die Bestechung Hand in Hand gehen.
Sehen wir uns so einen V-Mann also noch mal etwas
genauer an:
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um
einen vor bestraften Straftäter - häufig ein Ausländer mit der
notwendigen Sprachkenntnis - mit mehrjähriger Hafterfahrung. Ohne diese
Reputation braucht ein V-Mann gar nicht erst anzutreten. Schließlich müssen
auch entsprechende Mithäftlinge in der Szene mal ein gutes Wort bei Freunden
einlegen. Es kann sich dabei nicht um einen Kleinkriminellen handeln, denn das
V-Mann-Geschäft fordert mitunter lebenslange Erfahrung die man nur haben kann,
wenn man selbst im Milieu auf-
wächst. Deshalb wird im genannten Urteil zu § 110a StPO sogar vom BGH bestätigt, dass V-Leute oftmals aus kriminellem Milieu rekrutiert werden. So erübrigt sich
dann auch das Einschleusen in die Szene und hoher Aufwand für die Tarnung.
Das Einsatzgebiet
Kleine Fixer, die sich durch ihre Drogensucht bereits
an den Rand ihrer Existenz „gedrückt“ haben, „verpfeifen“ in ihrer Not so gut
wie jeden, der ihnen mal ein paar Gramm verkauft hat. Gerade in Bayern stützt
man sich zur Bekämpfung der Drogenkriminalität auf den § 31 BtMG (Strafmilderung oder
Absehen von Strafe bei „Verpfeifen“), wobei bereits diese Aussage zur
Verurteilung eines Drogenhändlers ausreicht. Es wäre also völliger Unsinn, auf dem Niveau der Straßenfixer auch
noch einen hoch bezahlten V-Mann einzusetzen. Schließlich spricht auch das
oben genannte Gutachten der „Großen Strafrechtskommis-
sion des Deutschen Richterbundes“ von
“Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung.“ Für V-Personen kann es
also nicht damit getan sein, mal hier, mal da von irgend einem Endkonsumenten ein Gramm abzuschwatzen und
ihn dann zu verpfeifen. Wenn es also „Straftaten von erheblicher Bedeutung“
sein sollen, dann müssen schon einmal ein paar Kilo auf dem Spiel stehen.
Die Erfahrung
In der Szene sind die Strafzumessungen für den Handel
mit Betäubungsmitteln - BtM - (also Drogen) bis in die kleinste Lücke bekannt.
Ob Eigenkonsum, Einfuhr, die Qualität der Ware, Bandenkriminalität usw. Ein echter Dealer weiß
sehr genau, worauf er sich einlässt und kennt das Risiko, das er eingeht. Umso
schwerer ist es für einen V-Mann, die Glaubwürdig-
keit zu wahren. Professionelle
Dealer, die in größeren Mengen handeln, können dies nur tun, wenn sie selbst Drogen
konsumieren. Bei den gigantisch hohen Marktpreisen, die für
Drogen bezahlt werden, wäre es höchst verdächtig wenn sich ein Abnehmer nicht von der Qualität der Ware überzeugen
würde. Dazu gehört jedoch Fachwissen, das man nicht aus Büchern, sondern nur
durch Jahre lange Selbsterfahrung erlernen kann. So wird nun auch klar warum
V-Personen für dieses Einsatz gebiet nur aus der Szene selbst rekrutiert werden.
Die Täter
Ich sitze hier in der JVA-Bayreuth mit Straftätern,
die für den Handel mit Heroin und
Kokain im zweistelligen Kill-Bereich verurteilt wurden. Mancher von ihnen kann die Mengen
seiner verkauften Ware bereits in Zentnern angeben! Schließlich
ist dies die Größenordnung für die Polizei und Justiz den Einsatz von
V-Personen vorsieht und befürwortet. Viele meiner Mithäftlinge, die selbst im
Milieu aufgewachsen sind, erzählten mir, dass sie trotz eigener Szene-Erfahrung
nur deshalb auf eine V-Mann-Geschäft hereingefallen sind, weil die Tarnung des
V-Mannes viel zu perfekt war um ihn für einen polizeilichen Lockspitzel zu
halten. Sie erzählten weiterhin von V-Leuten die sich über Jahre hinweg als Zuhälter ausgeben und mehr Drogen
konsumieren als ein kräftiger Mensch überhaupt verträgt.
Ausgerechnet die Brutalität, mit der solche Leute aufgekaufte Frauen in die
Prostitution prügeln, macht den V-Mann in der Szene erst so richtig
glaubwürdig. Verkehrte Welt! Ein gewalttätiger Zuhälter gewinnt eben mal mit
zunehmender Verrohung das wachsende Vertrauen der Drogenhändler. Was bedeutet es schon einem Staatsanwalt (Herr des
Verfahrens), seinem V-Mann ein paar gezwungene Huren zu überlassen, wenn er
doch dafür mit Erfolgen gegen die Drogenkriminalität brillieren kann? Auch
die Gesellschaft weint keiner Ausländerin nach die
letztendlich auf dem Strich landet oder mit dem „goldenen Schuss“ in einem verdreckten Bahnhofsklo gefunden wird.
Die Zweifel des Lesers
Mir ist klar dass der selbstbewusste Leser meine
Ausführungen spätestens jetzt nach diesen Erklärungen zu den Zusammenhängen zwischen Drogen
und Prostitution im V-Mann-Geschäft für völlig unglaubwürdige Fantasien
hält. Der gesetzestreue Bürger ist verführt, vielleicht doch lieber am Bild vom
gewissenhaften Kripo-Helden, der in seiner Kindheit der katholischen Jugend angehörte, festzuhalten. Aber bleiben wir doch
einmal rea
listisch. Ein V-Mann kann kein Milchgesicht sein,
wenn er glaubwürdig sein will!. Selbstverständlich fragt man sich,
wie weit V-Leute in ihren Bemühungen, auch in der gehobenen Kriminalität
vertrauenswürdig zu sein, denn überhaupt gehen dürfen.
Rechtliche
Einschränkungen
Tatsächlich bestehen für den Einsatz von V-Leuten im
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren keinerlei gesetzliche Regelungen. Es existieren lediglich Richtlinien, an die
sich ein V-Mann halten kann, wenn er denn möchte. Wie soll man sich so etwas
vorstellen?! In einem Staat in dem ein Richter über mehrere Instanzen hinweg eine gerichtliche Entscheidung
zum Betrieb einer 40-Watt-Glühbirne einklagt, gibt es kein Gesetz, welches das
Treiben eines V-Mannes in Schranken hält!
Mit der im o.g. Gutachten vorgeschlagenen Klausel
„Gefahr in Verzug“ kann ein V-Mann sogar staatsanwaltschaftliche Anordnungen für drei Tage außer Kraft setzen! So hat er
auch die Möglichkeit, genehmigungspflichtige Aktionen erst im Nachhinein vom Staatsanwalt anordnen zu lassen. Wenn sich
also ein vorbestrafter Verbrecher für „üppige Honorare“ (BGH, siehe oben)
als V-Person betätigt, hat dieser die
Möglichkeit, im Rahmen seiner Tarnung nahezu uneingeschränkt Straftaten
zu begehen. Die Größenordnung des bespitzelten
Einsatzgebietes, bzw. „Zielobjektes" bestimmt das Ausmaß, also die Schwere
der Straftaten, mit der sich der Spitzel Glaubwürdigkeit verschaffen darf. Dies tut er durchaus manchmal auch unter
Lebensgefahr. Es ist daher einleuchtend dass V-Personen zur
Auf
rechterhaltung ihrer Tarnung - und nicht zuletzt weil
es sicherlich nebenbei auch Geld einbringt - übermäßig
rücksichtslos handeln. Durch die Klausel „Gefahr in Verzug“ ist dem V-Mann bei
spontanem Eigen-Ermessen nicht nur die Entscheidungsmacht eines Staatsanwaltes in die Hände gelegt (wohl
gemerkt alles ohne gesetzliche Regelung), ihm ist damit zusätzlich für alle
seine Handlungen ein juristischer Vorsprung von drei Tagen bewilligt. Ohne gesetzliche Regelung zur Tätigkeit
von V-Leuten können diese willkürlich Straftaten begehen. Der Vorsprung von drei Tagen räumt dem V-Mann die Entscheidungs
freiheit ein, den Staatsanwalt von einer erfolgreich
beendeten kriminellen Aktion (z.B. Drogenschmuggel) zu informieren oder diese
zum eigenen Vorteil (Selbstbereicherung) geheim zu halten. Auch wenn eine kriminelle Aktion von tüchtigen
Polizisten vereitelt wird, kann sich der V-Mann auf die „Gefahr in Verzug“
berufen und erntet dann eben statt den Profit aus der kriminellen Aktion das „üppige Honorar“ (BGH, siehe oben).
Gesetzlich organisierte Freiheiten
Die Rechtsprechung hat zu § 30 des Betäubungsmittelgesetzes
entschieden:
Wer sich an einem Rauschgiftgeschäft lediglich in der
Weise beteiligt, dass er für den Erwerb von Btm im Ausland Geld zur Verfügung
stellt und nur darauf wartet, dass ein anderer ihm eingeschmuggeltes Rauschgift
bringt, sonst aber überhaupt keinen Einfluss
auf den Einfuhrvorgang hat, ist
grundsätzlich NICHT Mittäter der
Einfuhr!
Während der V-Mann also zu Hause im Sessel sitzt und
darauf wartet, dass sich seine Investition auszahlt, geht ihm irgend ein
kleiner, dummer Fixer auf den Leim und riskiert eine hohe Haftstrafe für die Einfuhr von Drogen. Geht der Vorgang an
der Staatsgrenze gut, kann der V-Mann die Angelegenheit als Tarnung und Aufrechterhaltung seiner Glaubwürdig-
keit
verbuchen. Ihm bleiben drei Tage Bedenkzeit, ob er den Vorfall an die
Staatsanwalt--
schaft weiterleitet. Geht die Einfuhr der Drogen an der Grenze
schief, so ist der V-Mann durch die Formulierung dieses § 30 BtMG sauber aus
der Sache raus und er kassiert wiederum „üppige Honorare“ (BGH, aaO).
Es fehlt also nicht nur eine gesetzliche Regelung zur
Tätigkeit von V-Personen, zu
allem Übel sind V-Personen sogar auch noch ausdrücklich gesetzlich abgesichert.
Alles zur Verbrechensbekämpfung
Wer nun halbwegs etwas Rechtsbewusstsein verspürt,
der fragt sich natürlich, warum denn die Rechtsinstitutionen so etwas
überhaupt zulassen. Offenbar meint man, dass die Verbre
chensbekämpfung den Einsatz und die damit verbundenen
Handlungen von V-Personen legitimiert. Die dabei entstandenen Schäden, die für Tarnung und Glaubwürdigkeit des
V-Mannes anfallen (Drogenhandel, Prostitution usw.) werden halt als
Kolateralschäden akzeptiert, zumal diese Rechtsverletzungen offiziell noch nicht einmal existieren, so lange
sie vom Staatsanwalt - Herr des Verfahrens - nicht zur Anklage gebracht werden. Die offizielle Wahrheit bleibt auch aus
vielen anderen Gründen nur eine Lüge. Angeklagte, die vor Gericht für ihre
Unschuld plädieren gelten allgemein in der
Bevölkerung grundsätzlich als Lügner. Schon wenn ein Bürger lediglich
mit einem Streifenfahrzeug der Polizei von zu Hause abgeholt wird, ist das
Ansehen und damit die Glaubwürdigkeit eines Menschen zerstört. So
hat ein V-Mann bei einer Zeugenaussage vor Gericht alle Freiheiten einen
Angeklagten so fiktiv zu belasten wie er will. Das wird ein V-Mann
grundsätzlich auch tun, denn schließlich wird er gut bezahlt und hat dafür auch
Leistung zu erbringen. Es liegt also nur im Interesse des V-Mannes den
Angeklagten so schlimm zum Verbrecher hoch
zustapeln, wie es nur geht. Dazu braucht ein V-Mann
selbst vor Gericht noch nicht einmal aufzutreten! Hält man das für möglich?! Ein
V-Mann wird in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen und kann dann kann von einer
Gerichtsverhandlung fern bleiben, wenn durch sein Auftauchen seine Tarnung auffliegt (er gilt dann als verbrannt) oder wenn zu
befürchten ist, dass Gefahr für Leib und Leben besteht. Ich habe Akten von
Mithäftlingen gelesen, in denen noch nicht einmal die Namen der V-Leute
bekannt gegeben wurden. Alles nur aus
Sicherheitsgründen!? Einem Hexenprozess sind damit Tür und
Tor geöffnet. Die meisten V-Personen arbeiten jedoch derart geheim, dass ihre Anzahl nur noch geschätzt werden kann!
Ist das nicht ein Schildbürgerstreich? Niemand weiß, wie viele Kriminelle von
den Staatsanwaltschaften mit einem Freibrief in der Tasche als V-Person auf die
Gesellschaft losgehetzt werden. Es gibt keinerlei Kontrollmöglichkeiten, die
Qualität der V-Mann-Tätigkeiten zu überprüfen!
Die Wechselwirkung
Die Zustimmung der Justiz für den Einsatz von
V-Personen findet ihre Begründung nicht nur in der Bekämpfung der Kriminalität; Staatsanwälte durchlaufen ihren Werdegang auf
der Beamtenlaufbahn. Im Interesse ihrer möglichst raschen Beförderung ist für karriereorien-tierte Staatsanwälte
das V-Mann-Geschäft eine höchst effektive Methode, berufliche Erfolge
vorzuweisen. Es ist daher schlüssig dass sich V-Mann und Staatsanwalt
gegenseitig „die Stange halten“. Unter dem Deckmantel der Tarnung kann ein V-Mann jahrelang seinen
verbrecherischen Geschäften nachgehen. Der Staatsanwalt hält
ihm das Revier frei von Konkurrenz. Ein Telefonat mit dem Staatsanwalt genügt um Gegner auszuschalten. Im Gegenzug wird
der Staatsanwalt vom V-Mann mit Aufträgen versorgt, indem er eben jene
Konkurrenten an den Staatsanwalt verpfeift. Je mehr Material der V-Mann liefert, desto mehr eigene Vergehen und
Verbrechen kann ihm der Staatsanwalt durchgehen lassen. Einen guten Lieferanten
wird wohl kein Staatsanwalt „über die Klinge springen lassen“.
Der Nachschub
Wenn das Revier frei von Konkurrenz ist, kommt der
V-Mann in Bedrängnis, nicht mehr liefern zu können. Damit. bleiben auch die
“üppigen Honorare" aus. Es ist für ihn jedoch kein Problem, irgend einen
kleinen Fixer derart und so lange mit Drogen anzufüttern, bis dieser seine Schulden nicht mehr
bezahlen. So kann dann der V-Mann den Fixer nötigen, z.B. im Ausland Drogen aufzukaufen
und diese nach Deutschland einzuführen um sie dann auf der Straße zu verkaufen.
Der V-Mann kann darüber entscheiden, ob und wann er seinen Fixer an den
Staatsanwalt ausliefert. Ein guter V-Mann hat jedoch immer mehrere Eisen im
Feuer. So kann er es sich überlegen, welchen Fixer er wann für „üppige
Honorare“ verheizt, oder ob er die eingeschmuggel
te Ware zur Aufrechterhaltung seiner Glaubwürdigkeit
und Tarnung einbehält
Kleine Schwerverbrecher
Hier in der JVA-Bayreuth sind mir bisher nur sehr
wenige BtM-Straftäter begegnet die nicht auf eine V-Mann-Geschichte hereingefallen wären. In den allermeisten Fällen handelt
es sich bei diesen Mithäftlingen um Kleinkriminelle oder sogar um bislang unbescholtene Bürger. Diese Leute werden speziell
in Bayern vor Gericht zu Schwerverbrechern aufge-
pumpt und größtenteils mit
doppelter und dreifacher Strafzumessung härter bestraft als es
die Gesetzgebung eigentlich vorsieht. Nicht selten werden von Staatsanwälten
zu den Anschuldigungen auch gleich ganze Beweislagen und sogar Gutachten
einfach dazu erfunden (den interessierten Leser bitte ich um Anfrage!).
Schließlich dient es dem Ansehen des aufstiegswilligen
Staatsanwaltes, vorzuweisen,
dass es ihm gelingt die großen Verbrecher anzuklagen.
Im Geheimen organisiert
Bereits durch das NPD-Verbotsverfahren wurde
bestätigt, dass noch nicht einmal eine derart bedeutende Staatsschutzeinrich
tung wie der Bundesverfassungsschutz seine V-Personen
im Griff hat. Wenn sich aber nun schon auf dafür spezialisierter Bundesebene
solche Fehlkompetenzen offenbaren, wie kata-strophal sieht es dann erst auf den
Landesebenen aus?! In jedem Fall handelt es sich bei V-Mann-Geschäften um
organi-siertes Verbrechen. Entweder selbständig durch die V-Person organisiert
und dann an den Staatsanwalt weitergeleitet. Wenn aber ein Staats-
anwalt meint,
er habe die totale Kontrolle über seinen V-Mann, dann handelt es sich bei
V-Mann-Geschäften sogar um staatlich organisierte Kriminalität. In beiden
Fällen ist es für mich nicht weiter verwunderlich, dass die oben bereits
zitierte „Große Strafrechtskommis-
sion des Deutschen Richterbundes“ in ihrem Gutachten erklärt:
„Die
Ausforschung des Beschuldigten oder von Zeugen (also auch das Bespitzeln von
rechtstreuen Zeugen) durch eine V-Person entzieht sich einer gesetzlichen
Regelung.“ Oder etwas verständlicher ausgedrückt: Da, wo man ganz gezielt durch
das Weglassen von Gesetzen rechtsfreien Raum schafft, kann auch nicht gegen
Gesetze verstoßen werden.
Die Geheimhaltung
Zwar versteht sich von selbst dass der Einsatz von
V-Leuten allerstrengste Geheimhaltung zwingend notwendig macht, je doch ist durch die absolute Verhüllung des
V-Mann-Gesche
hens auch jegliche Rechtssicherheit genommen. Wenn ein
Verfahren dermaßen geheim ist, dass es offiziell noch nicht einmal existiert,
kann ein Staatsanwalt (Herr des Verfahrens) fehlgeschlagene Einsätze ganz
einfach leugnen. Da sogar die Anzahl der V-Leute unbe-
kannt ist (ich erinnere
nur an das NPD-Verbotsverfahren) - oder eben doch? -, muss ein Staatsanwalt noch nicht einmal zugeben, überhaupt V-Leute zu
beschäftigen. Somit sind Verbrechen, die durch eine Symbiose
zwischen V-Mann und Staatsanwalt an „bislang
unbescholtenen Bürgern“ begangen
werden, auch nicht mehr kontrollierbar. Es sei nur z.B. an die spektakuläre
Sprengung der JVA Weiterstadt erinnert: Täter war ein Mitarbeiter des
rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes. Damit er nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte, wurde er ins Ausland geschafft und
mit einer neuen Identität versehen.
Auch Medien fehlt durch diese Geheimhaltung die
Möglichkeit, mit oppositioneller Über-
prüfung Licht in die Vorgehensweisen der
V-Mann-Geschäfte zu bringen. Diese Zensur der Medien müsste eigentlich nicht
weiter schlimm sein, doch die Bürger richten sich in ihren Vorstellungen von
V-Mann-Ermittlungen nach dem, was uns
die Filmindustrie Tag für Tag in die Wohnzimmer leuchtet. Besonders Fernsehschauer werden bis
zur Unmündigkeit ver-
dummt! Als ob es sich bei dem Müll, mit
demman um Einschaltquoten ringt, um die Wahrheit handeln
würde. Statt dessen sind ehrliche Projekte, wie z.B. Christiane F´s
„Wir Kinder
vorn Bahnhof Zoo“ die seltene Ausnahme.
Deutscher Standart
Ich kann nicht verstehen, warum man in Deutschland
nicht fähig ist, die Augen aufmachen. Noch vor kurzem hätte man sich als
populistischen Querulanten beschimpfen lassen müs
sen, wenn man von Korruption in der Politik gesprochen
hätte. Vor der „Pisa“-Studie war es auch nicht erlaubt,
Kritik am deutschen Bildungs(un)wesen zu üben. Seit jeher war es tabu, über
sexuelle Übergriffe besonders und gerade in der katholischen Kirche zu sprechen. Vor aller Augen werden die
Herren der Politik für ihre Vergehen/Verbrechen von der Justiz kaum belangt
(z.B. Fall Dr. H. Kohl) oder sogar ganz frei gesprochen. Ich kann mir nicht
vor-
stellen, dass das deutsche Volk mit all diesen Missständen einverstanden ist. Nachweislich lügen sich die
Rechtsinstitutionen Erfolge bei der Verbrechensbekämpfung in die Tasche. Gerade die Bayern tönen ihre
fragwürdige Verbrechensaufklärungsquote besonders laut hinaus. Die
steigende Drogenkriminalität direkt vor
unserer Haustür belegt jedoch eine andere Wahrheit!
Früher war die Drogensucht nur aus Großstädten wie
z.B. Hamburg oder Berlin
und eben durch Christiane F's.
„Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ bekannt. Heute hingegen findet der harte Drogenkonsum sogar in den
abgelegensten Dörfern statt. Diese Tatsache sollte doch wohl Anlass genug sein endlich
einmal die Praktiken der
Staatsanwaltschaften unter die Lupe zu nehmen und zu diskutieren.
Im April 2002
Matthias Frey
Häftling 1004/96 JVA Bayreuth
Anmerkung:
Man erinnere sich nur an den V-Mann im Strafprozess
gegen U. Kulac, den inzwischen wegen Krebserkrankung verstorbenen Zimmerer P. Hoffmann. Ihm wurden von Kriminaloberrat
Wolf-gang Geyer lt. eidesstattlicher Erklärung vor dem Richter in Bay-
reuth ebenfalls dann nicht eingehaltene Vorteile
versprochen.
Der Staat als Mörder
Aus: SPIEGEL ONLINE - 23. Mai 2013, 18:05 Uhr
Verfassungschutz-Kommission
Verbrechen von V-Leuten sollen straffrei bleiben könnenFreibrief für die Sicherheitsbehörden oder notwendiger Spielraum für Ermittler? Die Kommission zur Reform des Verfassungsschut-zes will es V-Leuten erleichtern Gesetze zu brechen ohne eine An-klage fürchten zu müssen. Den Schutz von Quellen wollen die Ex-perten dagegen einschränken.
Hannover - Um Extremismus besser bekämpfen zu können, soll die Justiz die Möglichkeit erhalten, auch schwerere Straftaten von V-Leuten nicht zu verfolgen. Die Bund-Länder-Kommission zu den NSU-Morden sprach sich in ihrem am Donnerstag in Hanno-ver vorgestellten Bericht außerdem dafür aus, die Kommunikation zwischen Polizei und Verfassungsschutz neu zu organisieren.
Das Gremium war im Februar 2012 eingesetzt worden, um das Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Mordserie des Natio-nalsozialistischen Untergrunds (NSU) zu untersuchen und Em-pfehlungen für politische Schlussfolgerungen vorzulegen. Das NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe war jahrelang unentdeckt geblieben. Die Zelle soll zwischen 2000 und 2007 acht Migranten und eine Polizistin ermordet haben.
Bei der Aufarbeitung der Ereignisse seien mehr als 60 Schnitt-stellen identifiziert worden, "an denen es ganz konkret Versäum-nisse gegeben hat", sagte der Kommissionsvorsitzende Eckhart Müller bei der Vorstellung des Berichts am Rande der Innen-ministerkonferenz.
"Begehung von Straftaten ist kaum zu vermeiden"
Laut Kommission
geht es beim Umgang mit V-Leuten darum, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen,
damit Staatsanwalt-schaften auch die Möglichkeit haben, Verfahren wegen schwe-
rer Straftaten wie
Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz oder Mitgliedschaft in einer kriminellen
Vereinigung einzustellen.
Müller sagte, der Einsatz von V-Leuten sei auch weiterhin unver-zichtbar:
"Beim Einsatz von V-Leuten vor allem in terroristischen Vereinigungen ist
die Begehung von Straftaten kaum zu vermei-den." Zudem müssten die Beamten
des Verfassungsschutzes gegen-wärtig immer mit einem Strafverfahren wegen
Anstiftung rechnen, wenn V-Leute Straftaten begingen.Einen Freibrief stellt die Kommission dem Verfassungsschutz und seinen Informanten aber nicht aus: Unter anderem empfiehlt die Kommission in dem 365-seitigen Bericht, den Schutz von Infor-manten des Verfassungsschutzes zu überarbeiten. "Der Quellen-schutz ist nicht absolut", heißt es in dem Kommissionsbericht. Der Schutz von Leib und Leben der Quelle, die Arbeitsfähigkeit der Behörden und die berechtigten Belange von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr seien in ein angemessenes Verhältnis zu bringen.
Darüber hinaus müsse es auf Bund- und Länderebene eine starke Aufsicht für Polizei und Verfassungsschutz geben. Die Experten schlagen hierzu die Einrichtung eines Regierungsbeauftragten für die Kontrolle vor. "Wir brauchen Mechanismen, die greifen, wenn etwas bei den Sicherheitsbehörden nicht richtig läuft", betonte Mül-ler.
Wie bereits am Wochenende vom SPIEGEL berichtet, soll der Generalbundesanwalt nach dem Willen der Experten mehr Befug-nisse bekommen. Bislang sind den Kompetenzen der Bundesan-waltschaft enge Grenzen gesetzt: Die Karlsruher Behörde darf derzeit nur dann die Ermittlungen übernehmen, wenn dies in den komplizierten Zuständigkeitsvorschriften vorgesehen ist.
ade/AFP/dpa
Anmerkung dazu:
Der Staat - sprich: Die Politiker - exculpieren sich
selbst. Es darf doch nichts heraus-kommen. Die Staatsanwaltschaften sind
weisungsgebunden, Gerichte werden getäuscht. Man erinnert sich an die
"Fälle" Vera Brüne, (F.-J. Strauß - CSU), Vizekanzler Jürgen
Möllemann (FDP) oder Uwe Barschel (CDU), Ministerpräsident SH.
R. Frey
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